Diese eine Ankündigung der US-amerikanischen Gesundheitsbehörden hat international hohe Wellen geschlagen: Es wurde in Aussicht gestellt bis September 2025 erste Ergebnisse zu liefern, die die auffällig hohe Autismus-Rate in den USA erklären sollen.
In den USA wird mittlerweile 1 von 31 Kindern dem autistischen Spektrum zugeordnet. Zum Vergleich: Für Deutschland finden sich Angaben von 1 von 121 Kindern.
Entwicklungsstörungen entstehen zumeist durch Veränderungen in der Hirnentwicklung in den ersten Lebensjahren eines Kindes. Veränderungen in der Funktionsweise des Gehirns zeigen sich in den unterschiedlichsten Ausprägungen: Sprachschwierigkeiten, Lernschwierigkeiten, Überempfindlichkeit auf Sinnesreize, nonverbale Ausdrucksweise und/oder stereotypes Verhalten gelten als typisch. Kinder, die diese und ähnliche Verhaltensweise zeigen, erhalten durchschnittlich bis zu ihrem 5. Lebensjahr die Diagnose „Autismus“. Seit 2022 werden die unterschiedlichen Ausprägungen autistischen Verhaltens als „Autismus-Spektrum-Störung“ (ASS) bezeichnet.
Die Forderungen Millionen betroffener Familien, die wirtschaftlichen Folgen durch Betreuung und Therapie autistischer Menschen sowie der Arbeitskräfteverlust für die Volkswirtschaft setzten die US-Regierung zunehmend unter Druck. Je nach Ausprägung der Symptome handelt es sich bei einer Autismus-Spektrum-Störung um eine Behinderung, die keine Teilhabe an einem normalen gesellschaftlichen Leben ermöglicht.
Gestützt von den Ergebnissen einer Meta-Studie von August 2025 und unzähligen, nahezu identischen Erfahrungsberichten betroffener Eltern, hat die Gesundheitsbehörde der USA am 22. September 2025 eine Pressemitteilung zur Sicherheit von Schmerzmitteln in der Schwangerschaft veröffentlicht.[1][2] Konkret betrifft dies den Wirkstoff Acetaminophen, der in den USA unter dem Produktnamen Tylenol frei verkäuflich ist. In Deutschland trägt der identische Wirkstoff die Bezeichnung Paracetamol und ist apothekenpflichtig.
Obwohl Paracetamol auch in der Schwangerschaft als unbedenklich gilt, konnten wiederholt Zusammenhänge zwischen dem Gebrauch von Acetaminophen und späteren neurologischen Auffälligkeiten bei Kindern gefunden werden, wobei eine schädigende Wirkung in der Schwangerschaft sogar etwas geringer bewertet wird als in der höchst-sensiblen Phase direkt nach der Geburt.[3] In genau diesem Zeitfenster der neurologischen Entwicklung wird in den USA und vielen anderen Ländern geimpft: Innerhalb der ersten 24 Stunden nach Geburt erhalten die meisten Neugeborenen die erste Gabe einer Hepatitis-B-Impfung. Und falls das Baby eine deutlich gerötete Einstichstelle zeigt, ungewöhnlich schreit und/oder nach der Impfung Fieber entwickelt, auch eine erste Gabe Tylenol.
In den Arztpraxen der USA scheint es Standard zu sein, unmittelbar vor und nach einer Impfung bei Babys und Kleinkindern Tylenol zu verabreichen bzw. die Eltern diesbezüglich für den weiteren Gebrauch zu Hause am Tag nach der Impfung anzuleiten.
Diese Praxis greift tatsächlich auch bei Impfungen in der Schwangerschaft: Entwickelt eine schwangere Frau nach einer Impfung Fieber – wie es als eine häufige Nebenwirkung in den meisten Fachinformationen der Impfstoffe vermerkt ist – wird die Einnahme von Tylenol explizit empfohlen.[4] Mit einer bestehenden Impfempfehlung für Schwangere von vier Impfungen (Keuchhusten, Influenza, COVID-19 sowie Respiratorisches Synzytial-Virus (RSV)) bestehen in den USA wiederholt Risiken nach einer Impfung Fieber zu entwickeln, Tylenol verschrieben zu bekommen und die neurologische Entwicklung des ungeborenen Kindes zu gefährden. Auch wenn die U.S.-Regierung diesen Zusammenhang bislang mit keinem Wort erwähnt, stehen die Nutzung von Acetaminophen und die Anzahl von Impfungen in der Schwangerschaft in einem direkten Verhältnis.
Auf europäischer Ebene haben die U.S.-amerikanischen Vorsichtsmaßnahmen bezüglich Autismus prompt eine Erklärung der Europäische Arzneimittelagentur (EMA) provoziert. Die Sicherheit von Paracetamol in der Schwangerschaft wird nochmals ausdrücklich betont, während gleichzeitig eingeräumt werden muss, dass die Studienergebnisse mit Bezug auf die neurologische Entwicklung der Kinder im Mutterleib nicht eindeutig waren.[5]
[1] Environmental Health: Evaluation of the evidence on acetaminophen use and neurodevelopmental disorders using the Navigation Guide methodology, 14.08.2025
https://ehjournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12940-025-01208-0
[2] U.S. Department of Health and Human Services: President Trump, Secretary Kennedy Announce Bold Actions to Tackle Autism Epidemic, 22.09.2025
[3] Children: The Dangers of Acetaminophen for Neurodevelopment Outweigh Scant Evidence for Long-Term Benefits, 29.12.2023
https://www.mdpi.com/2227-9067/11/1/44
[4] Children’s Hospital of Philadelphia: Making Vaccine Decisions During Pregnancy: What to Know, 06.02.2025
https://www.chop.edu/parents-pack/parents-pack-newsletter/making-vaccine-decisions-during-pregnancy
[5] European Medicines Agency: Use of paracetamol during pregnancy unchanged in the EU, 23.09.2025
https://www.ema.europa.eu/en/news/use-paracetamol-during-pregnancy-unchanged-eu