erstellt von Rechtsanwalt Jan Matthias Hesse
im Auftrag der Initiative freie Impfentscheidung e. V.
Stand: 25.09.2020
Themen u.a.:
Nachweispflichten, ärztliche Bescheinigungen, Benachrichtigungspflichten, Maßnahmen des Gesundheitsamtes, Rechtsmittel
der Schule erbracht werden?
- Nachweis einer zweifachen Masernimpfung (Erstimpfung ab dem vollendeten ersten Lebensjahr; Zweitimpfung ab dem vollendeten zweiten Lebensjahr) (§ 20 Abs. 9 S. 1 Ziff. 1 IfSG)
- Ärztliches Zeugnis über eine Immunität gegen Masern (zum Beispiel serologischer Titer-Nachweis oder ärztliches Zeugnis über eine durchgemachte Masernerkrankung) (§ 20 Abs. 9 S. 1 Ziff. 2 IfSG)
- Ärztliche Zeugnis, dass aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht geimpft werden kann (§ 20 Abs. 9 S. 1 Ziff. 2 IfSG)
- Bestätigung einer staatlichen Stelle oder einer anderen Gemeinschaftseinrichtung, dass einer der oben genannten Nachweise bereits vorgelegen hat. (§ 20 Abs. 9 S. 1 Ziff. 3 IfSG)
„vorzulegen“ (§ 20 Abs. 9 S. 1 IfSG).
Aus Gründen des Datenschutzes sind diese Nachweise nicht selbst in der Schülerakte aufzubewahren. Im Regelfall besteht auch nicht die Erforderlichkeit der Anfertigung einer Kopie. Die Leitung der Gemeinschaftseinrichtung dokumentiert lediglich in der Akte, dass ein entsprechender Nachweis vorgelegt wurde. So sehen es ausdrücklich auch die Verwaltungsrichtlinien mehrerer Bundesländer und die Hinweise von Datenschutzbehörden vor.
In der Verwaltungsinformation „Informationen und Empfehlungen zur Umsetzung des Masernschutzgesetzes“ des Freistaates Bayern z.B. heißt es:
„Die für den Nachweis bei der Schule vorgelegten Dokumente (z.B. Impfausweis) sind nur zur Prüfung der Voraussetzungen notwendig und werden nach Abschluss dieser nicht gespeichert.“
https://www.km.bayern.de/download/22726_Informationen-und-Empfehlungen-Umsetzung-Masernschutzgesetz.pdf
Auf der anderen Seite wird man der Einrichtung ggf. eine notwendige Bearbeitungszeit einräumen müssen, den Vorgang zu bearbeiten und die vorgelegten Unterlagen zu sichten und ggf. näher zu prüfen, um sie dann wieder zurückzugeben.
Manche Verwaltungshinweise der Schulbehörden sehen in diesem Sinne vor, dass die Schulen „Verdachtsfälle“ dem Gesundheitsamt melden sollen. Ein vorliegendes ärztliches Attest über eine medizinische Kontraindikation erbringt allerdings als Urkunde zunächst ein Indiz bzw. einen Anscheinsbeweis für das tatsächliche Vorliegen einer medizinischen Kontraindikation. Diese Indizwirkung des ärztlichen Attestes muss von der Schule (oder vom Gesundheitsamt) im einzelnen Fall konkret erschüttert werden, um ein solches Attest nicht gelten zu lassen, also den begründeten Verdacht eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses anzunehmen und das Gesundheitsamt über den Fall zu informieren.
Ausweislich des Gesetzes kann das Gesundheitsamt als für den Infektionsschutz zuständige Behörde auch stichprobenartig – also auch verdachtsunabhängig – Eltern gegenüber jederzeit den (erneuten) Nachweis erforderlichen Masernschutzes dem Gesundheitsamt gegenüber „anfordern“ (vgl. § 20 Abs. 12 S. 1 IfSG).
In §20 Abs. 9 IfSG ist nicht näher geregelt, wie genau ein ärztliches Zeugnis über das Vorliegen einer Kontraindikation ausgestaltet sein muss. Sowohl in Bezug auf die Masernimpfpflicht, als auch in Zusammenhang mit der einrichtungsbezogenen Impfpflicht gegen COVID-19 gibt es inzwischen Definitionsansätze und Urteile, wie z. B. das Bundesministerium für Gesundheit in seiner „Handreichung zur Impfprävention in Bezug auf einrichtungsbezogene Tätigkeiten“ am 22.3.2022 veröffentlicht hat. (1) (2) (3)
Demnach sollte derzeit prinzipiell ein ärztliches Zeugnis folgende Angaben enthalten:
– Name, Anschrift, Geburtsdatum der betroffenen Person
– Informationen über den Arzt bzw. die Ärztin, welche(r) das Attest ausstellt (Stempel), sowie Datum der Ausstellung und Unterschrift des Arztes bzw. der Ärztin
– von welcher Impfung berfreit werden soll und ggf. das zugrundeliegende Gesetz (Masern: IfSG §20 Abs.9, Covid-19: IfSG §20a)
– kurze medizinische Begründung der Kontraindikation(en) des ausstellenden Arztes oder Ärztin.
– ärztliche Einschätzung zur Dauer des Bestehens der Kontraindikation(en)
Die Angabe eines konkreten medizinischen Grundes ist nicht erforderlich, das ärztliche Zeugnis muss jedoch wenigstens solche Angaben zur Art der medizinischen Kontraindikation enthalten, die das Gesundheitsamt in die Lage versetzen, das ärztliche Zeugnis auf Plausibilität hin zu überprüfen.
„Pauschale Formulierungen“, sowie die alleinige reine Wiederholung des Gesetzestextes (z. B. „… liegt eine medizinische Kontraindikation vor…“), werden nicht als ausreichend bewertet.
( 1) https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/C/Coronavirus/FAQs_zu_20a_IfSG.pdf
(2) https://openjur.de/u/2376566.html (Urteil OVG Nordrhein Westfalen vom 29.10.21)
(3) https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2021-N-18528?hl=true (VHG München vom 7.7.2021)
Das Masernschutzgesetz enthält keine Regelung, ob und ggf. wie das Bestehen einer medizinischen Kontraindikation begründet werden müsste. Das Gesetz spricht lediglich von einem ärztlichen Zeugnis, dass aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht geimpft werden kann (vgl. § 20 Abs. 9 S. 1 Ziff. 3 IfSG). Gründe des Datenschutzes und der ärztlichen Schweigepflicht sprechen dafür, dass das vom Gesetz vorgeschriebene ärztliche Zeugnis über das Vorliegen einer medizinischen Kontraindikation keine Diagnosen oder sonstigen medizinischen Angaben enthalten darf. Auch die Vordrucke der Behörden der Bundesländer sehen aus diesen Gründen schlicht ein Ankreuzfeld für den Arzt ohne weitere erläuternde Angaben vor, z.B. die Mustervorlage „Ärztliche Bescheinigung – Nachweis gemäß § 20 Absatz 9 Infektionsschutzgesetz (IfSG) des Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, Stand: 21.01.2020
https://web.archive.org/web/20201122220202/https://www.nlga.niedersachsen.de/download/151767/Mustervorlage_Aerztliche_Bescheinigung.pdf
Forderungen mancher Gemeinschaftseinrichtungen und Gesundheitsämter, dass das ärztliche Zeugnis einer medizinischen Kontraindikation gegen eine Masern- oder gegen eine MMR-Kombinationsimpfung eine „qualifizierte Diagnose“ aufweisen müsse, sind deshalb nicht mit dem Gesetz konform.
Dabei ist lediglich der Umstand mitzuteilen, dass der Masernschutz nicht nachgewiesen wurde, sowie die entsprechenden personenbezogenen Angaben (Name, Anschrift, etc., vgl. die Legaldefinition in § 2 Nr. 16 IfSG). Die Weiterleitung von ärztlichen Zeugnissen oder ähnlichen Bescheinigungen durch die Gemeinschaftseinrichtung an das Gesundheitsamt ist gesetzlich nicht vorgesehen und dürfte dem Datenschutz widersprechen. Auch dies bringen die Verwaltungsanweisungen einiger Bundesländer zum Ausdruck.
Auch das Bundesland Schleswig Holstein informiert dementsprechend:
„Weitere Daten – wie etwa eine Kopie vorgelegter Dokumente – werden nicht übermittelt. Soweit für die Datenübermittlung an das Gesundheitsamt keine technische Lösung zur Verfügung steht, die die Vorgaben zur Datensicherheit bei Gesundheitsdaten der DatenschutzGrundverordnung (DSGVO) erfüllt, erfolgt die Datenübermittlung auf dem Postweg per Brief. Es wird jedoch empfohlen, sich mit dem zuständigen Gesundheitsamt diesbezüglich vorab abzustimmen.“
https://www.schleswig-holstein.de/DE/Fachinhalte/I/Impfen/ImpfenSchulenMasern.html
Es ist dann Sache des Gesundheitsamtes, sich an die Familien der betroffenen Kinder bzw.
Schüler zu wenden.
Zur Form der Übermittlung der Benachrichtigung an das Gesundheitsamt heißt es vom Bayerischen Ministerium für Familie, Arbeit und Soziales:
„Die Meldung an das Gesundheitsamt sollte postalisch erfolgen und mit der Kennzeichnung
„vertrauliche Gesundheitsdaten“ versehen werden.“
https://www.stmas.bayern.de/imperia/md/content/stmas/stmas_inet/service-kinder/newsletter/stmas-baykitag-321.pdf
Ein ärztliches Zeugnis ist allerdings nicht jedweder Kontrolle und Überprüfung entzogen. Das Gesundheitsamt hat das Recht und die Kompetenz, seinerseits Nachweise zu verlangen. Auch wenn die Gesundheitsämter keine Benachrichtigung durch Leitungen von Einrichtungen erhalten haben, sind alle nachweisverpflichteten Personen verpflichtet, den erforderlichen Nachweis vorzulegen, wenn sie dazu (auch ggf. verdachtsunabhängig) vom Gesundheitsamt aufgefordert werden.
In Verdachtsfällen unrichtiger Gesundheitszeugnisse (darunter kann auch der Fall des Ausstellens eines ärztlichen Zeugnisses ohne persönliche Untersuchung bzw. ohne direkten Arzt-Patienten-Kontakt fallen) kann das Gesundheitsamt auch nachprüfen, ob tatsächlich eine medizinische Kontraindikation vorliegt. Dafür bestehen grundsätzlich zwei Möglichkeiten:
- entweder wendet sich das Gesundheitsamt an den das ärztliche Zeugnis ausstellenden Arzt (dazu unten a.)
- oder an die Eltern des betroffenen Kindes (dazu unten b.)
a. Der Arzt hat jedoch die ärztliche Schweigepflicht zu beachten. Im Regelfall ist der Arzt in Bezug auf eine ärztliche Bescheinigung einer medizinischen Kontraindikation gegen eine Masernimpfung zu Auskünften gegenüber dem Gesundheitsamt weder berechtigt noch verpflichtet. Die Gesundheitsämter stützen solche Auskunftsbegehren teilweise auf § 25 IfSG. Diese Vorschrift setzt jedoch voraus, dass eine Person bereits krank, krankheitsverdächtig, ansteckungsverdächtig oder Ausscheider von Krankheitserregern ist. Diese Konstellation liegt in Bezug auf den prophylaktischen Masernschutz nicht vor. Auch sieht § 25 Abs. 2 IfSG eine Auskunftspflicht des behandelnden Arztes lediglich subsidiär vor, wenn eine Mitwirkung der primär betroffenen Person (hier der Kinder bzw. der Eltern) nicht oder nicht rechtzeitig möglich ist. Auch diese Voraussetzung liegt im Hinblick auf die Überprüfung einer medizinischen Kontraindikation in Bezug auf eine Maserimpfung im Rahmen der Pflichten zum Nachweis eines Masernschutzes im Regelfall nicht vor.
Der Arzt wäre zur Auskunft über das Bestehen einer medizinischen Kontraindikation also nur auf Basis einer ausdrücklichen Einwilligung der Eltern beziehungsweise der betroffenen Person und damit einer partiellen Befreiung von der ärztlichen Schweigepflicht berechtigt.
b. Das Gesundheitsamt hat allerdings die Möglichkeit, von den Eltern nähere Auskünfte über den Gesundheits- und Krankheitszustand beziehungsweise die Umstände der medizinischen Kontraindikation zu erfragen. Die Eltern sind zwar nicht zur Auskunft verpflichtet.
Eine Auskunftspflicht ist dem IfSG für diesen Fall des Masernschutzes nicht zu entnehmen. Soweit die Gesundheitsämter ihre Ermittlungen gegenüber den Eltern auf § 25 IfSG stützen gilt auch hier: Diese Vorschrift setzt jedoch voraus, dass eine Person bereits krank, krankheitsverdächtig, ansteckungsverdächtig oder Ausscheider von Krankheitserregern ist. Diese Konstellation liegt in Bezug auf den prophylaktischen Masernschutz nicht vor.
Eine solche Verweigerung von Auskünften seitens der Eltern würde jedoch dazu führen, dass das Vorliegen einer medizinischen Kontraindikation vom Gesundheitsamt nicht weiter aufgeklärt und geprüft werden kann. Eine solche Mitwirkungsverweigerung an der Aufklärung des Bestehens einer medizinischen Kontraindikation kann sich beweisrechtlich dann mittelbar negativ auswirken. Als Ausnahmetatbestand ist der Nachweis des Vorliegens einer „medizinischen Kontraindikation“ von den Eltern bzw. der Person zu erbringen. Das Vorliegen des Befreiungstatbestandes kann dann nicht festgestellt werden. Das Vorliegen einer medizinischen Kontraindikation als Befreiungstatbestand von der Nachweispflicht erforderlichen Masernschutzes könnte dann gegebenenfalls auch gerichtlich nicht abschließend aufgeklärt werden.
Ein vorliegendes ärztliches Attest über eine medizinische Kontraindikation erbringt allerdings zunächst ein Indiz bzw. einen Anscheinsbeweis für das tatsächliche Vorliegen einer medizinischen Kontraindikation. Diese Indizwirkung des ärztlichen Attestes muss vom Gesundheitsamt im einzelnen Fall konkret erschüttert werden, indem ein begründeter Verdacht eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses geäußert und substantiiert wird.
- „Aufforderung“ seitens des Gesundheitsamtes, einen Nachweis erforderlichen Masernschutzes (vgl. dazu Frage 1) vorzulegen
Der Gesetzesbegründung ist zu entnehmen, dass es sich bei der Vorlagepflicht an das Gesundheitsamt um eine durch Verwaltungsvollstreckungsrecht und insbesondere mit Zwangsgeld durchsetzbare Pflicht handelt. Das Gesundheitsamt kann die Vorlagepflicht also mittels Festsetzung eines Zwangsgeldes verstärken.
- Bei Nichtvorlage eines Nachweises innerhalb angemessener Frist kann das Gesundheitsamt die zum Nachweis verpflichtete Person (bei minderjährigen Kindern die Eltern) zu einer Beratung laden. Diese Ladung zu einem Beratungstermin liegt im Ermessen der Behörde.
- Zusätzlich muss das Gesundheitsamt zu einer „Vervollständigung des Impfschutzes“
gegen Masern auffordern. - Das Gesundheitsamt kann ferner ein Bußgeld in Höhe von bis zu € 2.500,- verhängen, wenn trotz Aufforderung des Gesundheitsamtes ein Nachweis erforderlichen Masernschutzes nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig vorgelegt wurde.
- Das Gesundheitsamt kann einer Person, die trotz Aufforderung keinen Nachweis innerhalb einer angemessenen Frist vorgelegt hat, untersagen, eine Gemeinschaftseinrichtung zu betreten. Das Betreten der Schule kann jedoch nicht untersagt werden, soweit und solange das Kind der Schulpflicht unterliegt.
Zur Angemessenheit der Fristsetzung heißt es auf der Webseite des Bundesgesundheitsministeriums: „Wenn der erforderliche Nachweis dem Gesundheitsamt nicht innerhalb einer angemessenen Frist (mindestens zehn Tage und etwa bis zu drei Monate, um die Nachholung einer zweimaligen Masern-Schutzimpfung zu ermöglichen) vorgelegt wurde..“
https://www.masernschutz.de/themen/rechtliche-aspekte.html
Das Bundesministerium für Gesundheit geht also von einer Fristsetzung von mindestens zehn Tagen und bis zu drei Monaten aus. - Das Gesundheitsamt kann ein Bußgeld in Höhe von bis zu € 2.500,- verhängen, wenn eine Person einer vollziehbaren Anordnung eines Betretungsverbotes zuwiderhandelt.
sich indes nicht.
Weder aus dem Gesetzestext noch aus den Materialien zum Masernschutzgesetz lässt sich eine Konkretisierung des Begriffs der „Ladung“ ableiten. Insofern erschiene ist möglich, die Ladung im Sinne einer Vorladung nach § 25 Abs 3 IfSG zu verstehen mit der Folge, dass deren Befolgung auch zwangsweise durchsetzbar wäre. Eine solche Interpretation würde indes die Gesamtkonzeption von § 20 Abs. 12 IfSG außer Acht lassen. Die Ladung soll einer Beratung initiieren, welche wiederum das Ziel hat, eine Vervollständigung des Masernschutzes zu bewirken. Letztere kann indes nicht erzwungen werden. Es erschiene insoweit widersprüchlich, wenn die Befolgung der Ladung dennoch erzwungen werden könnte. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Befolgung der Ladung nicht im Wege der Verwaltungsvollstreckung erzwungen werden kann. Die Begründung des Entwurfs des Masernschutzgesetzes führt in diesem Zusammenhang lediglich aus, dass die Vorlagepflicht im Wege der Verwaltungsvollstreckung erzwungen werden kann, sie enthält indes keine entsprechenden Ausführungen in Bezug auf die Ladung. Damit ist die Ladung im Sinne einer Einladung zu verstehen, sich zu einem bestimmten Zeitpunkt freiwillig an einem
bestimmten Ort einzufinden um sich zur Masernimpfung beraten zu lassen.
Die „Ladung“ des Gesundheitsamtes zu einer Beratung ist somit von der „Vorladung“ nach § 25 Absatz 3 IfSG zu unterscheiden. § 25 IfSG enthält Kompetenzen des Gesundheitsamtes für Ermittlungen. § 25 IfSG setzt jedoch voraus, dass eine Person krank, krankheitsverdächtig, ansteckungsverdächtig oder Ausscheider eines Krankheitserreger ist. Dies ist beim prophylaktischen Masernschutz nicht der Fall, so lange keine Maserninfektion im konkreten Fall festgestellt wurde. Nach § 25 Absatz 3 IfSG kann das Gesundheitsamt Personen zu Untersuchungen und zur Entnahme von Untersuchungsmaterial etc. vorladen. § 25 Absatz
3 IfSG stellt gleichzeitig klar, dass nur die in ihm abschließend aufgezählten invasiven Maßnahmen auch ohne Einwilligung der Betroffenen erfolgen dürfen.
In der Verwaltungspraxis der Gesundheitsämter wird diese „Ladung zur Beratung“ teilweise ausdrücklich als freiwilliges Angebot gekennzeichnet. An die Nichtwahrnehmung des Termins können dann keine negativen Konsequenzen geknüpft werden.
Wird der „Ladung zur Beratung“ nicht nachgekommen, so ist dies – wie auch die Aufforderung zur Vervollständigung des Masernschutzes – nach dem Gesetzestext auch nicht bußgeldbewehrt (anders aber die Aufforderung zur Vorlage des Nachweises erforderlichen Masernschutzes). Weder die Ladung noch die Vervollständigung des Masernschutzes können im Wege der Verwaltungsvollstreckung erzwungen werden.
Ein solcher Widerspruch hat im Regelfall aufschiebende Wirkung. Das heißt, die Behörde kann an den Bescheid zunächst keine belastenden Rechtsfolgen anknüpfen. Nach unserem Verständnis kann dann im Falle des Widerspruches gegen die „Aufforderung zur Vorlage eines Nachweises“ zunächst auch kein Bußgeldbescheid nach § 73 Abs. 1a Ziff. 7c) IfSG erlassen werden. Es wäre aber auch nicht ganz überraschend, wenn die Behörden das anders auslegen und dennoch Bußgeldbescheide erlassen. Die Rechtsqualität der Maßnahmen wäre dann z.B. im Einspruchsverfahren gegen den Bußgeldbescheid zu klären. Ggf. könnte das Gesundheitsamt auch zusätzlich die sofortige Vollziehung der Maßnahmen anordnen und damit die aufschiebende Wirkung des Widerspruches aufheben. Die Zulässigkeit einer solchen Anordnung der sofortigen Vollziehung ist wiederum selbst gerichtlich überprüfbar.
Zwar enthält das IfSG in § 20 Abs. 12 IfSG letzter Satz eine Regelung, dass Widerspruch und Klage keine aufschiebende Wirkung entfalten. Diese Regelung betrifft dort jedoch nur die Fälle angeordneter Betretungsverbote. Bei Widersprüchen gegen andere belastende Maßnahmen (z.B. „Aufforderung“, „Ladung zur Beratung“) verbleibt es somit im Umkehrschluss bei dem Grundsatz der aufschiebenden Wirkung.
- Das Gesundheitsamt kann ein Bußgeld in Höhe von bis zu € 2.500,- verhängen, wenn trotz Aufforderung des Gesundheitsamtes ein Nachweis nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig vorgelegt wurde (§ 73 Abs. 1a Ziff. 7c IfSG)
- Das Gesundheitsamt kann ein Bußgeld in Höhe von bis zu € 2.500,- verhängen, wenn eine Person einer vollziehbaren Anordnung eines Betretungsverbotes zuwiderhandelt (§ 73 Abs. 1a Ziff. 7d IfSG)
Bei fahrlässigem Handeln halbiert sich der Bußgeldrahmen (§ 17 Abs. 2 OWiG). Der Mindestsatz liegt bei € 5,- (§ 17 Abs. 1 OWiG). Die Bußgeldzumessung richtet sich nach den allgemeinen Kriterien des § 17 Abs. 3 OWiG: Grundlage für die Zumessung der Geldbuße sind demnach die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der Vorwurf, der den Täter trifft. Auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters kommen in Betracht; bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten bleiben sie jedoch in der Regel unberücksichtigt.
Eine Pflicht zur Verhängung einer Geldbuße besteht für die zuständigen Behörden jedoch nicht. Es liegt in ihrem pflichtgemäßen Ermessen (§ 47 OWiG). Bei dem Bußgeldtatbestand des § 73 IfSG handelt es sich ausdrücklich um eine „Kann-Regelung“. Eine wiederholte Verhängung der Geldbuße kommt in Frage, wenn das Gesundheitsamt seine Aufforderung zur Vorlage eines Nachweises wiederholt.
Sollten Sie rechtzeitig Einspruch gegen den Bußgeldbescheid eingelegt haben, so hat dies zunächst eine aufschiebende Wirkung: Der Bescheid wird noch nicht rechtskräftig, d. h. Sie müssen das angegebene Bußgeld fürs Erste nicht zahlen.
Es ist möglich, ein eventuelles Bußgeld in Raten zu zahlen. Dafür muss jedoch die Zahlungsunfähigkeit nachgewiesen werden. Die Ratenzahlung muss beantragt und gut begründet werden. Ist die Zahlungsunfähigkeit nicht nachvollziehbar oder die Begründung nicht ausreichend, wird der Antrag unter Umständen abgelehnt.
https://www.km.bayern.de/allgemein/meldung/6891/so-setzen-schulen-das-masernschutzgesetz-richtig-um.html
Verantwortlicher für die Datenerhebung im Zusammenhang mit dem Gesetz für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention (Masernschutzgesetz) ist die die Daten abfragende, erhebende Schule. Der Nachweis über einen ausreichenden Masernschutz wird lediglich im erforderlichen Umfang (Erfüllung bzw. Nichterfüllung der Voraussetzungen des § 20 Abs. 9 Infektionsschutzgesetz und Begründung hierfür) in der Dokumentationshilfe dokumentiert:
- bei Schülerinnen und Schülern wird die Dokumentationshilfe (nicht der Nachweis selbst!), soweit ein Schulverhältnis begründet wird oder bereits besteht, Bestandteil der Schülerakte
- bei Bestandsbeschäftigten der Schule wird die Dokumentationshilfe in die Personalakte der personalverwaltenden Stelle aufgenommen
- bei sonstigen Tätigen in eine Sachakte.
Die für den Nachweis bei der Schule vorgelegten Dokumente (z.B. Impfausweis) sind nur zur Prüfung der Voraussetzungen notwendig und werden nach Abschluss dieser nicht gespeichert. Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung ist § 2 Nummer 16, § 20 Abs. 8 bis 10, 13 Infektionsschutzgesetz. Die Daten werden bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen insbesondere an folgende Stellen weitergegeben:
- ggf. zuständiges Gesundheitsamt bei nicht oder nicht zureichend erbrachten Nachweis (s.o.; § 20 Abs. 8-10 IfSG)
- zuständige Schulaufsichtsbehörden (Art. 113 BayEUG)
- bei Schülerinnen und Schülern an die aufnehmende Schule bei Schulwechseln (§ 39 Abs. 1 S. 2 BaySchO)
- bei Lehrkräften, weiterem pädagogischen Personal, Verwaltungskräften an die personalverwaltende Stelle. Die zum Nachweis notwendigen Daten werden nur so lange gespeichert, wie dies unter Beachtung gesetzlicher Aufbewahrungsfristen zur Aufgabenerfüllung erforderlich ist. An öffentlichen Schulen erfolgt eine Dokumentation des Nachweises bei Schülerinnen und Schülern in der Schülerakte. Daher gilt die Speicherfrist des § 40 S. 1 Nr. 2 der Bayerischen Schulordnung (BaySchO). Die Speicherfristen für Personalakten richten sich nach Art. 110 BayBG.
Auch in den „Hinweise zum Datenschutz im Rahmen der Umsetzung des Masernschutzgesetzes in den Schulen (Art. 13 Datenschutz-Grundverordnung) für Schülerinnen und Schüler“ des Freistaates Bayern findet sich der Hinweis:
„Die für den Nachweis bei der Schule vorgelegten Dokumente sind nur zur Prüfung der Voraussetzungen notwendig und werden nach Abschluss dieser nicht gespeichert.“