Eine akute Herzmuskelentzündung (Myokarditis) ist bislang durchweg mit dem Risiko eines bleibenden Herzschadens oder eines plötzlichen Herztodes verbunden gewesen. Die Warnungen bezüglich einer Myokarditis haben sich jedoch auffallend verändert.
Konsequente Schonung und vollständige Ausheilung eines Virusinfektes stellt in unserem schnelllebigen Alltag mit beruflichen Deadlines und familiären Verpflichtungen eine echte Herausforderung dar. Doch sind das seit Jahrzehnten exakt die medizinischen Vorgaben, um Infektionen keinesfalls zu verschleppen. Andernfalls besteht bei fast jedem viralen Infekt das Risiko einer Herzmuskelentzündung, die in jedem Stadium der Erkrankung zu lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen und zum plötzlichen Herztod führen kann.
Beim Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung e.V. beispielsweise findet sich die Angabe, dass bei jedem zehnten jungen Menschen unter 35 Jahren, der durch plötzlichen Herztod verstirbt, eine Myokarditis verantwortlich ist.[1] Mit der weltweiten Anwendung der COVID-19-Impfstoffe wird diese Angabe nicht mehr der derzeitigen Rate entsprechen.
Gruppe der Coronaviren bislang unauffällig
Mit geographisch unterschiedlichen Häufigkeiten gelten Enteroviren, Adenoviren, Influenza-, Herpes-, oder Hepatitis-Viren, auch das Epstein-Barr-Virus und das Parvovirus, als Auslöser von Herzmuskelentzündungen gerade in Industrieländern (während in Entwicklungsländern überwiegend Pilze und Parasiten als auslösende Faktoren identifiziert werden). Die Gruppe der Coronaviren, die saisonal jeden Winter und Frühjahr etwa 10 % der viralen Infekte ausmacht, findet in der medizinischen Literatur als Auslöser von Herzmuskelentzündungen hingegen keine explizite Erwähnung. Vereinzelt gab es schwere Verläufe von SARS 1 (Severe Acute Respiratory Syndrome) während der SARS-Epidemie 2002/2003 sowie einen erfassten Fall von MERS (Middle East Respiratory Syndrome) während der MERS-Epidemie 2012, die zu einer Herzmuskelentzündung geführt haben.[2] Die Masse der Myokarditis-Fälle wurde jedoch auch über die SARS 1- und MERS-Phasen hinweg den Enteroviren, darunter allen voran den Coxsackie-Viren, zugeordnet. Bei bisherigen Ausbreitungen unterschiedlicher Coronavirus-Typen kam es somit nachweislich nicht zu vermehrten Herzproblematiken durch diese viralen Auslöser.
Beschreibungen erhalten anderes Vorzeichen
Mit der Veröffentlichung des Rote Hand Briefes im Juli 2021 zu beobachteten Fällen von Herzmuskelentzündungen (Myokarditis) und Herzbeutelentzündungen (Perikarditis) nach COVID-19-mRNA-Impfungen haben die Beschreibungen und Prognosen zu Herzmuskelentzündungen ein merklich anderes Vorzeichen erhalten. Seitdem Herzmuskelentzündungen als unerwünschte Nebenwirkungen der COVID-19-Impfstoffe bestätigt wurden, ist zunehmend die Rede von „in der Regel mild verlaufender“ Myokarditis. Seinen Anfang fand diese Tendenz, Herzmuskelentzündungen nach COVID-Impfungen lediglich als milde Erkrankung von kurzer Dauer zu bezeichnen, in einer israelischen Erfassung von Juni 2021.[3] Da Israel zu dem Zeitpunkt weltweit als Vorreiter der COVID-19-Impfkampagne galt und dort in Kooperation mit den Impfstoffherstellern BioNTech/Pfizer eine Überwachung seit Anwendung ihres neuen Impfstoffes läuft (Post Marketing Surveillance), wurde diese Aussage durch die Medien hundertfach weiter getragen.
Wie genau eine „milde Myokarditis zu definieren ist, bleibt unklar:
– Kommen doch rund 94% aller gemeldeten, impfbedingten Myokarditis-Fälle ins Krankenhaus.[4]
– Kommt es doch bei einer Entzündung des Herzmuskels zu krankhaft veränderten Muskelzellen bis hin zu Narbengewebe.
– Kommt es doch bei einer akuten Myokarditis zu einer Sterblichkeit zwischen 25 und 56% innerhalb der nächsten 3 bis 10 Jahre.[5]
Für die Behauptung, impfinduzierte Herzprobleme gerade junger Menschen würden zumeist mild verlaufen und folgenlos ausheilen, fehlt in dieser kurzen Zeitspanne seit Einführung der COVID-19-Impfstoffe jede Basis.
Verharmlosungen sind spürbar
Wenig später, als sich weltweit die Berichte zu Herzproblemen gerade nach der zweiten COVID-19-Impfung häuften, befeuerte eine israelische Studie nochmals die Diskussion. Laut dieser kommt eine Reihe von Komplikationen häufiger nach COVID-19-Erkrankungen als nach COVID-19-Impfungen vor – darunter auch Myokarditis.[6] Damit wurde der Spagat begonnen, Herzmuskelentzündungen durch Infektionen als gefährlich und vermeidbar darzustellen, während gleichzeitig Herzmuskelentzündungen durch Impfungen als mild und alternativlos präsentiert werden.[7]
Wieder aus Israel stammt eine weitere Studie, die Abweichungen in der Anzahl der Herz bedingten Notfälle untersucht hat. Hier zeigt sich eine Korrelation zwischen steigenden Herz-Notfällen und steigenden Impfraten im Rahmen der nationalen Impfkampagne im Jahr 2021. Keine Korrelation hingegen zeigt sich hier zwischen Herz-Notfällen und COVID-19-Fallzahlen im Rahmen zweier großer Infektionswellen im Jahr 2020. Dass eine Gefahr für Herzkomplikationen (darunter auch Myokarditis) eher durch SARS CoV 2-Infektionen besteht, als durch die COVID-19-Impfungen, wird hier nicht bestätigt. Ganz im Gegenteil.[8]
Da weiterhin auf die genannten Studien verwiesen wird, um bei gesunden sowie bereits herzkranken Menschen für COVID-Impfungen zu werben, fallen die methodischen Mängel schwer ins Gewicht. Im nächsten Teil der Artikelserie beleuchten wir detailliert das Studiendesign der am häufigsten zitierten Studien zu Myokarditis seit Beginn der Corona-Pandemie.
Weitere Artikel zum Thema Myokarditis finden Sie in diesem Beitrag.
[1] Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung e.V.: Myokarditis – Herzmuskelentzündung, abgerufen zuletzt am 10.05.2022 https://dzhk.de/herz-kreislauf-erkrankungen/herz-kreislauf-erkrankungen/myokarditis-herzmuskelentzuendung [2] SN Comprehensive Clinical Medicine: Acute Myocarditis Related to COVID-19: Comparison to SARS and MERS, 20.11.2020 https://link.springer.com/article/10.1007/s42399-020-00563-y [3] Ministry of Health Israel: Surveillance of Myocarditis (Inflammation of the Heart Muscle) Cases Between December 2020 and May 2021 (Including), Press Release, 02.06.2021 https://www.gov.il/en/departments/news/01062021-03 [4] Centers for Disease Control and Prevention: Updates on myocarditis and pericarditis
following Moderna COVID-19 vaccination, Advisory Committee on Immunization Practices, 04.02.2022https://www.cdc.gov/vaccines/acip/meetings/downloads/slides-2022-02-04/03-COVID-Shimabukuro-508.pdf [5] Deutsches Ärzteblatt International: Myokarditis, early biopsy allows for tailored regenerative treatment, 18.05.2012 https://www.aerzteblatt.de/int/archive/article/125908 [6] The New England Journal of Medicine: Safety of the BNT162b2 mRNA Covid-19 Vaccine in a Nationwide Setting, 25.08.2021 https://www.nejm.org/doi/10.1056/NEJMoa2110475 [7] Deutsche Herzstiftung: Herzmuskelentzündung: Wie häufig durch Covid-19 oder nach Corona-Impfung?, Pressemitteilung, zuletzt abgerufen am 10.05.2022 https://www.herzstiftung.de/service-und-aktuelles/presse/pressemitteilungen/herzmuskelentzuendung-corona-impfung [8] Nature Scientific Reports: Increased emergency cardiovascular events among under-40 population in Israel during vaccine rollout and third COVID-19 wave, 28.04.2022 https://www.nature.com/articles/s41598-022-10928-z