Wie gefährlich sind Masern?

Sind Masern so gefährlich, wie im Gesetzentwurf behauptet?

Ohne Zweifel können Masern und die bakteriellen Folgeerkrankungen bei manchen Menschen einen sehr schweren oder gar tödlichen Verlauf nehmen. Jeder Todesfall ist tragisch. Die Maserntoten gegen die Impftoten aufzurechnen ist ethisch äußerst problematisch. Wir geraten damit in ein schwieriges Fahrwasser: „Wie viele Impftote wiegen einen Maserntoten auf und umgekehrt?“.  

Es macht jedoch absolut Sinn sich mit dem Masernrisiko zu beschäftigen, da die Schwere der Erkrankung eine der Begründungen im Gesetzentwurf darstellt: „Masern gehören zu den ansteckendsten Infektionskrankheiten des Menschen. Sie verlaufen schwer und ziehen Komplikationen und Folgeerkrankungen nach sich. Eine Masern-Infektion ist damit anders als verbreitet angenommen keine harmlose Krankheit. … Masern werden durch Viren ausgelöst und gehören zu den ansteckendsten Infektionskrankheiten des Menschen. In vielen Fällen treten schwere Komplikationen, im schlimmsten Fall mit Todesfolge auf.“[i]

Um ein Gefühl für die Schwere der Erkrankung zu bekommen, wollen wir zunächst die Todesfallzahlen aus zwei verschiedenen Tabellen betrachten: Masern-Todesfälle und SSPE-Todesfälle. SSPE ist eine erst Jahre als Folge einer Maserninfektion auftretenden schwere und immer tödliche Hirnerkrankung. Welche Ursachen letztlich dann eine SSPE auslösen, ist nicht bekannt. Es handelt sich um ein sehr seltenes Ereignis.

Masern-Sterbefälle aus der Todesursachenstatistik

SSPE-Sterbefälle aus der Todesursachenstatistik

In beiden Tabellen fällt auf, dass das Durchschnittsalter der Todesfälle im mittleren Erwachsenenalter liegt. Bei Masern deckt sich das mit den generellen Beobachtungen, dass die Erkrankung im Erwachsenenalter mit mehr Komplikationen einhergehen kann als im Kindesalter. Allerdings scheinen auch hier (wie auch bei praktisch allen anderen Infektionskrankheiten) chronischen Grunderkrankungen das Risiko zu erhöhen. Diese Differenzierung ist bei der Todesursachenstatistik nicht möglich, weil es dazu keine Angaben gibt. Die Tabelle mit den SSPE-Todesfällen wirft jedoch Fragen auf. Die SSPE tritt in seltenen Fällen wenige Jahre nach einer Maserninfektion in den ersten Lebensjahren auf. Das hohe Durchschnittsalter der SSPE-Todesfälle ist nicht erklärbar und wirft deshalb Fragen auf.

Wenn man jedoch sämtliche Todesfallzahlen aus den beiden obigen Tabellen zusammenzählt und den Jahresdurchschnitt bildet, sterben jährlich ca. 5 Menschen aus allen Altersgruppen an den Folgen von Masern.

Um diese Kennzahl jedoch besser einordnen zu können, bieten sich Vergleiche mit anderen Lebensrisiken an: Krankenhausinfektionen (erst im Krankenhaus erworbene, meist bakterielle Infektionen) sind in Deutschland nicht meldepflichtig. Man schätzt, dass es jährlich ungefähr 400.000 bis 600.000 Infektionen und rund 10.000 bis 15.000 Todesfälle gibt.[ii]

In den ersten 5 Lebensjahren sterben im Schnitt 150 Kinder jährlich durch Unfälle (Straßenverkehr, häusliche Unfälle). 37 Kinder zwischen 0 und 5 Jahren ertrinken jedes Jahr!

Vor diesem Hintergrund scheint das Aufbauschen der Masern schlecht nachvollziehbar.

Zusätzlich zur Todesursachenstatistik steht uns die Statistik der Krankenhausdiagnosen für die Beurteilung der Schwere von Masern zur Verfügung.

Linie mit meldeten Masernfällen (SurvStat) im Vergleich zu den Säulen mit Krankenhausdiagnosen (gbe-bund.de), oberer Säulenbereich = Masernfälle im Krankenhaus ohne Komplikation, unterer Säulenbereich = Masernfälle im Krankenhaus mit Komplikation (z.B. Lungenentzündung).

Im Jahr 2017 wurden beispielsweise 924 Masernfälle gemeldet. 422 Fälle wurden im Krankenhaus behandelt, davon annähernd die Hälfte ohne Komplikationen (209 Fälle).

Viele Masernfälle werden also ohne erkennbare Notwendigkeit ins Krankenhaus eingewiesen. Normal verlaufende Masern können unter (haus-)ärztlicher Begleitung gut zu Hause auskuriert werden. Eine mögliche Ursache für die hohe Rate an Krankenhauseinweisungen könnte die unverhältnismäßige Panikmache in den Medien sein, wegen der Menschen bei Masern dann lieber ins Krankenhaus gehen. Wegen des oben beschriebenen zusätzlichen Infektionsrisikos im Krankenhaus, ist diese Entwicklung problematisch.

Die Aussagen im Gesetzentwurf wirken mit diesen Hintergrundinformationen übertrieben und polemisch, wenngleich natürlich jeder Todes- oder schwere Erkrankungsfall problematisch ist.


[i] https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/M/Masernschutzgesetz_Kabinett.pdf
[ii] http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Nosokomiale_Infektionen/H_Berichte/Artikel_Noso_NRZ.pdf?__blob=publicationFile

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