Neue STIKO – Schwärzungen im Protokoll

Die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO) wurde dieses Jahr vom Gesundheitsministerium neu berufen. Dabei wurden fast alle bisherigen Mitglieder – entgegen der bisherigen Praxis – ausgetauscht (IFI berichtete). Die Öffentlichkeit war teils besorgt, teils hoffnungsvoll.

Offenbar war die Sorge vor mehr politischem Einfluss auf dieses wichtige staatliche Gremium mehr als begründet. Direkt in der ersten, 107. Sitzung der STIKO unter neuer Zusammensetzung wurde das Protokoll der 106. STIKO-Sitzung mit umfassenden Schwärzungen und Weglassungen verabschiedet:

  • In der Tagesordnung (Seite 1) sind bei den Verantwortlichen der jeweiligen Themen 16 Namen von insgesamt 22 Namen geschwärzt! Somit sind drei Viertel der Teilnehmer an der 106. STIKO-Sitzung geheim.
  • Die Auflistung der zahlreichen weiteren Teilnehmer (externe Gäste und Gäste aus Bundesbehörden) wurde ersatzlos gestrichen. Somit ist künftig geheim, wer die STIKO berät.
    Bisher waren in den Protokollen immer transparent die jeweiligen externen Gäste und Gäste aus anderen Bundesbehörden aufgeführt (siehe z.B. Protokoll der 105. STIKO-Sitzung, Seite 1). Hier waren des Öfteren Wissenschaftler aufgelistet, die wegen ihrer Einflussnahme auf die Politik kritisiert werden, z.B. Prof. Drosten.
  • Laut Geschäftsordnung der STIKO sind Mitglieder mit Interessenskonflikten (z.B. Zuwendungen der Impfstoffhersteller) von der Beratung und Beschlussfassung des jeweiligen Themas ausgeschlossen.
    Im aktuellen Protokoll (Seite 1) fehlen diese Hinweise nun erstmals. Lediglich aus der Anzahl der anwesenden STIKO-Mitglieder und der Differenz zu den abgegebenen Stimmen kann gefolgert werden, dass es Ausschlüsse bei dem jeweiligen Thema gab, z.B. im aktuellen Protokoll, Seite 6: „TOP 6 und TOP 9 – Meningokokken B (17 Mitglieder anwesend) … (14 Ja-Stimmen, keine Nein-Stimme, keine Enthaltung).“ Offenbar wurden 3 Mitglieder wegen Interessenkonflikten ausgeschlossen. Um welche Mitglieder es sich konkret handelte, bleibt geheim.
    Bisher war bei jedem Thema transparent aufgeführt, welche(s) Mitglied(er) ausgeschlossen wurden. Z.B. im Protokoll der 105. Sitzung, Seite 4: „Herr von Kries und Frau Wiedermann-Schmidt sind von der Beratung und Beschlussfassung zu TOP 5 gem. § 7 GO-STIKO ausgeschlossen.

Wieso werden bisher veröffentlichte transparente Informationen z.B. zur Einflussnahme der Öffentlichkeit von der neuen STIKO vorenthalten? Was gibt es zu verbergen? Das ohnehin schwer beschädigte Vertrauen der Bevölkerung in die Gesundheitsbehörden vergrößert sich durch solche Maßnahmen. Die mündige und eigenverantwortete (Mit-)Entscheidung in gesundheitlichen Themen ist eine der Säulen einer demokratischen Grundordnung. Wird der Staat künftig vermehrt die mündige Zustimmung der Bürger auf der Basis von Fakten durch staatlichen Zwang ersetzen? Würden transparente Informationen dann die Gegenwehr der Bürger in rechtlichen Auseinandersetzungen stärken?