STIKO – undurchsichtige Entscheidungen

Die eigentliche Sacharbeit der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO) findet in Arbeitsgruppen statt. In den Arbeitsgruppen findet man Mitglieder mit Interessenkonflikten. Das könnte einen Verstoß gegen geltendes Recht darstellen und Impfempfehlungen unwirksam machen. Protokolle der Arbeitsgruppen sind für die Öffentlichkeit nicht einsehbar. Die in den Arbeitsgruppen erarbeiteten Entscheidungsgrundlagen werden bei den wissenschaftlichen Begründungen von Impfempfehlungen lückenhaft oder gar nicht veröffentlicht.

Die STIKO wendet seit dem Jahr 2011 eine Standardvorgehensweise an, um das Zustandekommen ihrer Impfempfehlungen transparent und nachvollziehbar zu machen. [1]

In den Arbeitsgruppen findet mit Unterstützung des Robert Koch-Instituts die gesamte Recherche zu einem Thema statt. Anschließend fasst die Arbeitsgruppe ihre Rechercheergebnisse inklusive der Qualität der gefundenen Studien zusammen und erarbeitet eine Beschlussempfehlung für die gesamte STIKO.

Die Zusammensetzung und Rolle der Arbeitsgruppen ist in der Standardvorgehensweise definiert [2]:
STIKO-Mitglieder, für die bezüglich der Impfindikation der Anschein einer möglichen Befangenheit besteht, können nicht AG-Mitglieder werden. Sie können wie externe Experten zu informativen Zwecken bei den AG-Treffen angehört werden, nehmen aber an der abschließenden Beratung und Beschlussfassung der AG zum Empfehlungsentwurf nicht teil.

Das neue STIKO-Mitglied Prof. Berner ist jedoch Mitglied in zwei Arbeitsgruppen, für deren Thema er einen Interessenkonflikt angegeben hat [3]: AG Pneumokokken und AG COVID-19. Soweit die Praxis.

In der Theorie und auf Basis von rechtlichen Vorgaben betont die STIKO, wie wichtig der Ausschluss von Befangenheit ist: „Dabei bedient sich die STIKO einer Standardvorgehensweise, die eine hohe wissenschaftliche Qualität der Empfehlung sicherstellt, interessensgeleitete Einflüsse minimiert und zu einer hohen Transparenz und damit einer besseren Nachvollziehbarkeit der Entscheidung führt.“ [4]

Im Jahr 1999 hat sich die STIKO in ihrer 40. Sitzung unter TOP 5 von der RKI Juristin Dr. Lerch zur Befangenheit von Mitglieder informieren lassen [7]. Mitglieder mit Interessenkonflikten dürften weder an Beratungen noch an Beschlüssen oder an Beschlussvorlagen beteiligt sein. Fehler bei diesem Thema können die “Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit von Beschlüssen gefährden“. Die Juristin nennt §20 und §21 des VwVfG [8] als rechtliche Grundlage.

Da Protokolle der Arbeitsgruppen nicht veröffentlicht werden, kann nicht beurteilt werden, inwieweit die STIKO sich an die gesetzlichen Vorgaben hält. Die Aufnahme von Mitgliedern mit Interessenkonflikten in Arbeitsgruppen spricht jedoch eher für einen Verstoß gegen geltende Gesetze. Wie viele Impfempfehlungen der STIKO wären aus rechtlichen Gründen unwirksam, wenn man sie auf den Prüfstand stellen würde? Die Initiative freie Impfentscheidung wird diesen Punkt juristisch abklären.

Dass sich die STIKO nicht an Gesetze und an ihren eigenen Prozess hält und Mitglieder mit Interessenkonflikten in Arbeitsgruppen, in denen die gesamte Sacharbeit stattfindet, aufnimmt, gibt erneut großen Anlass zur Sorge.

Hinzu kommt, dass wichtige Unterlagen in den Begründungen der Impfempfehlungen gar nicht oder lückenhaft veröffentlicht werden. Im September 2023 wurden die Impfempfehlungen bezüglich der Pneumokokken Impfung von der STIKO aktualisiert und mit der wissenschaftlichen Begründung veröffentlicht. [5] Laut Standardvorgehensweise ist dabei auch die Veröffentlichung der Entscheidungstabelle mit der Zusammenfassung aller Fakten vorgehsehen. [2] Diese Tabelle war zwar in der veröffentlichten Begründung enthalten, jedoch waren die entsprechenden Felder nicht ausgefüllt. [5]
Die „Initiative freie Impfentscheidung“ hat daraufhin die ausgefüllte Tabelle nach dem Informationsfreiheitsgesetztes angefragt [6]. Die Herausgabe der vollständigen Tabelle wurde vom Robert Koch-Institut verweigert. Das Ausfüllen der Bewertungstabelle sei laut Standardvorgehensweise nicht zwingend nötig. Sie wurde offenbar erstellt, jedoch nicht ausgefüllt. Die Entscheidungstabelle stellt jedoch einen sehr wichtigen Prozessschritt dar, da dort die Fragestellungen, die dazu in Studien gefundenen Antworten, die Qualität der Studien und die Wichtigkeit der einzelnen Fragen zusammengefasst ist. Für die Schlussfolgerungen der Arbeitsgruppe bzw. der STIKO sind Kästchen zum Ankreuzen vorgesehen.

Entscheidungstabelle, fehlende Bewertungen [5]

Wichtige Unterlagen, die die Entscheidungsprozesse der STIKO transparent und nachvollziehbar machen, werden vorenthalten. In Kombination mit der Aufnahme von Mitgliedern mit Interessenkonflikten in Arbeitsgruppen degradiert sich die STIKO zu einer von Industrieinteressen geleiteten Institution. Das steht im krassen Widerspruch zur Macht der STIKO und den Auswirkungen ihrer Impfempfehlungen auf die Bürger.

Die Initiative freie Impfentscheidung fordert

  • die Veröffentlichung der Protokolle der Sitzungen der Arbeitsgruppen
  • die Veröffentlichung aller Materialien, die zur Entscheidungsfindung beitragen
  • die korrekte Einhaltung der Standardvorgehensweise bei der Zusammenstellung einer Arbeitsgruppe ohne Mitglieder mit Interessenkonflikten
  • die korrekte Einhaltung der Standardvorgehensweise bei der Erstellung der Entscheidungstabellen und anderer Materialien
  • die rückwirkende Prüfung der Impfempfehlungen auf Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben (VwVfG)
[1] https://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/Bundesgesundheitsblatt/Downloads/2019_04_Harder.pdf?__blob=publicationFile
[2] https://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/STIKO/Aufgaben_Methoden/SOP.pdf?__blob=publicationFile
[3] https://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/STIKO/Mitgliedschaft/Mitglieder/Profile/Berner_Profil.html?nn=2540036
[4]
https://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/STIKO/Aufgaben_Methoden/methoden_node.html
[5] https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2023/Ausgaben/39_23_Anhang.pdf
[6] https://fragdenstaat.de/anfrage/aktualisierung-der-empfehlungen-der-stiko-zur-standardimpfung-von-personen-60-jahre-sowie-zur-indikationsimpfung-von-risikogruppen-gegen-pneumokokken-28-09-2023/
[7] https://agbug.de/stiko-protokolle/STIKO-Protokolle-1997-2014.pdf
[8] https://www.gesetze-im-internet.de/vwvfg/

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