Keine COVID-19 Impfpflicht – der deutsche Sonderweg hat noch die Kurve gekriegt

Letzte Woche war zu beobachten wie in schwindelerregendem Tempo aus einer Forderung nach einer Impfpflicht für alle Bürger ab 18 Jahren erst ein Kompromiss zu einer Impfpflicht ab 50 Jahren und gleich darauf zu einer Impfpflicht ab 60 Jahren konstruiert wurde. Welche inhaltlichen Abwägungen zu diesen mehrfachen Sprüngen innerhalb kürzester Zeit geführt haben, blieb unklar.

Der Immunologe Prof. Andreas Radbruch ließ noch wenige Tage vor der Abstimmung im Bundestag in Richtung des deutschen Gesundheitsministers verlauten: „Wichtig vielleicht noch einmal zu betonen: Auf die Wissenschaft kann sich eine Entscheidung zu irgendeiner Impfpflicht nicht berufen!“

Die Fakten lagen lange schon auf dem Tisch: Eine Herdenimmunität wird durch die COVID-19-Impfungen nicht erreicht. Die Impfungen dienen dem Selbstschutz, nicht dem Fremdschutz. Jegliche Schutzwirkung einer zweiten, dritten oder vierten Impfung verringert sich schon nach wenigen Monaten. Ob die derzeitigen Impfstoffe auch zukünftige Mutationen abdecken können, ist rein spekulativ. Eine deutlich gefährlichere SARS CoV 2-Variante im kommenden Herbst und Winter ist ein eher unwahrscheinliches Szenario. Deutschland hatte keine Überlastung des öffentlichen Gesundheitssystems und wird vorausichtlich auch keine erfahren. Die tatsächliche Impfquote Deutschlands ist nicht bekannt. Zur natürlichen Immunität gibt es hierzulande keine Daten. Und nicht zuletzt: Eine Impfpflicht mit den nur bedingt zugelassenen COVID-19-Impfstoffen wäre verfassungswidrig.

Dennoch wurde in Deutschland an einem politischen Sonderweg festgehalten, eine allgemeine Impfpflicht in zwei Schritten einführen zu wollen: Entsprechend des Gesetzesentwurfes der Abgeordneten aus SPD, Grüne und FDP ab sofort für alle Bürger ab 60 Jahren und optional ab Herbst für alle Bürger ab 18 Jahren. Während nahezu alle Länder um Deutschland herum ihre Corona-Maßnahmen früher und weitreichender gelockert haben und von einer Impfpflicht keine Rede sein kann. Mit Ausnahme von Österreich, wo eine beschlossene COVID-19-Impfpflicht direkt wieder ausgesetzt wurde, da verpflichtende Impfungen unter der vorherrschenden Omikron-Variante nicht verhältnismäßig wären.

Die nationale Gesundheitspolitik unter Karl Lauterbach hat damit die Bezeichnung als „Geisterfahrer Europas“ und den Vorwurf eines „Paralleluniversums“ auf sich gezogen. Bei dem Versuch COVID-19-Impfungen für alle Erwachsenen dieses Landes unter Androhung hoher Bußgelder verpflichtend zu machen, wurde der Pfad der Evidenz offensichtlich verlassen. Stattdessen wurde eine Abkürzung über politisches Kalkül versucht. Nicht enden wollende Vorwürfe zwischen den Regierungsparteien und der Opposition zum Prozedere und erschreckend wenig Inhalte bestimmten damit die Debatte im Bundestag.

Ausgerechnet der Bundesgesundheitsminister fällt mit einem Redebeitrag auf, der konkrete Begründungen für eine Impfpflicht hätte liefern sollen, tatsächlich jedoch irreführende Aussagen enthielt. Mehrere Monate nachdem Prof. Streeck als Mitglied des Corona-Expertenrates der Bundesregierung darauf hingewiesen hat, dass sich die Omikron-Variante ganz typisch für den Übergang in eine endemische Phase zwar ansteckender, aber weniger gefährlich zeigt, erfindet Lauterbach mit dieser Aussage kurzerhand ein medizinisches Novum:

„Omikron ist deshalb eine etwas mildere Variante, weil so viele Menschen schon geimpft sind.“

Wenn ein solcher Satz des Gesundheitsministers im Parlament schlicht durch die Grundsätze der Virologie, die abnehmenden Hospitalisierungszahlen in Ländern mit weit geringeren Impfraten und nicht zuletzt die ebenfalls milderen Verläufe bei Menschen ohne COVID-19-Impfungen widerlegt werden kann, drängt sich geradezu die Frage auf, welche Behauptungen ungestraft getätigt werden dürfen, um letztendlich das Recht auf körperliche Unversehrtheit von Millionen von Menschen massiv einzuschränken.

Lauterbachs prompte Ankündigung, ohne Impfpflicht würden demnächst wieder schärfere Maßnahmen nötig, gleicht kindischem Trotz. Die deutsche Gesundheitspolitik hat die Sackgasse aus offenen Drohungen und pessimistischen Warnungen immer noch nicht verlassen, auch wenn das Land in Sachen Impfpflicht gerade nochmal die Kurve gekriegt hat. Aus welchen Gründen die Mehrheit der Bundestagsabgeordneten ihre Zustimmung zu einer Impfpflicht verweigert hat, bleibt offen.

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Ein Kommentar “Keine COVID-19 Impfpflicht – der deutsche Sonderweg hat noch die Kurve gekriegt”

  • rambowamsee sagt:

    Der Artikel ist gut. Zwei Dinge sind aber noch wichtig: erstens, dass die FDP gegen die Impfpflicht gestimmt hat, zweitens dass nicht zu vergessen ist, dass es bereits ein einrichtungsbezogenen Impfpflicht gibt, wir sind noch nicht bis zu Ende abgebogen…..Ich bin von dieser Pflicht betroffen und habe mich bisher mit Genesung ohne Impfung hindurchgerettet, aber es ist ein reines Zeitspiel, das ich im Endeffekt verlieren werde, wenn ich meinen Job behalten will. Und ich kenne viele verzweifelte Kollegen und Freunde, die zur Impfung mussten oder wegen Verweigerung ihren Job verloren haben und jetzt ganz furchtbar dastehen, weil es dann auch keine Sozialleistungen gibt. Diese Impfpflicht muss weg, und zwar sofort!

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